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Egal ob Sonne oder Regen

Straight forward und immer mit GMV

aus der Reihe "Aufschlag & Return"
Veröffenlicht in: DiALOG - DAS MAGAZIN FÜR ENTERPRISE INFORMATION MANAGEMENT | 2021

Lieber Herr Gogoll,

ich schreibe Ihnen diesen Brief, damit Sie sich freuen.

In verschiedenen Beiträgen über die Social Media Kanäle habe ich Sie kennen und schätzen gelernt. Ja, Sie werden wahrgenommen! Als digital native oder Generation Y - Vertreter vielleicht nicht ganz so ungewöhnlich. Aber eines ist ganz sicher: Sie positionieren sich, Sie zeigen Haltung, Sie haben eine Meinung und klare Orientierung. Respekt! Sie sind Fan von agilen Organisationsveränderungen, Sie haben Beratungshintergrund wie ein „alter Hase“. Sie treten sachlich, praktisch und strukturiert den Herausforderungen entgegen und scheuen sich nicht im Duell mit der „Beratungsgarde der 1.Generation“ einen auf „jung, frech, dynamisch“ zu machen. Das, lieber Herr Gogoll, macht Sie so sympathisch und interessant. Und das, möchte ich gerne hinterfragen, ohne dabei ängstlich zu sein oder Berührungsängste zu haben.

So stelle ich mich dem Duell und frage Sie mit offenem Visier, woher Sie das Charisma, ja gar den Schneid nehmen, sich im ehrfürchtigen „Sandkasten der Business Process Management“ (BPM) - Beratung so wohl zu fühlen? Oder täusche ich mich da?

Als Sie neulich einen Beitrag mit dem verlockenden, aber zugleich auch provozierenden Titel „No-Code – agile Organisationsabläufe effizient gestalten“ kommentierten, war ich überzeugt, dass Sie mir in dieser Rubrik einen satten Return liefern können. Als digital immigrant, ich sage auch gern alter Sack zu mir, bin ich in vielen Beratungsgesprächen in der Reihe der „graumelierten Eminenzen“ sogar teilweise dafür verantwortlich, dass die „Organisationstapeten“ im Ordner oder noch viel schlimmer im Schrank vergilben. Anstatt dass sie durch die Offenheit moderner Werkzeuge wie BPMN2.0-Notation, ich nenne esliebevoll „Malen nach Zahlen“, endlich im Unternehmensalltag integrativ zu „papierlosen Tigern“ werden, die allen Ballast abgelegt haben, die schnell sind, um sich langfristig und nachhaltig zu etablieren und die man respektvoll und agil pflegt, weil wir uns daran nicht satt sehen können.

Oh, Mann, jetzt musste eine Parabel her, um die Wahrheit der gegenwärtigen Situation nicht zu deprimierend zu beschreiben und Ihnen einen satten Aufschlag in Richtung Vorhand zu geben. Dabei meine ich die „Vorhand“ symbolisch richtungsweisend, denn „Rückhand“ kann jeder. Lieber Herr Gogoll, wir erwarten ihren Return prozessnah, verständlich und effektiv. Ich stelle mich darauf ein, dass es ein längerer Schlagabtausch über mehrere „Sätze“ sein wird, verbunden mit viel Geduld und Kräfteverschleiß um Ihren strategisch wertvollen Ansatz, Ihren Spirit und Ihre Generationen umspannende Mentalität in die Verantwortung für die Zukunft zu bringen. Legen Sie los, zeigen Sie uns wie es geht und seien Sie respektvoll im Umgang mit den Fehlern, die meine Generation machte oder machen musste, um heute da zu sein, wo wir sind! Ich freue mich auf den nächsten (Schlag-) Wortwechsel, ganz im DiALOG-Sinne und bin Ihnen schon jetzt hochachtungsvoll verbunden.

Ihr Fan Steffen Schaar

Lieber Herr Schaar,

nun bin ich ja nicht selbst nicht ganz im Tennis verankert, dennoch versuche ich mein Glück. Als Sportler, durch und durch - wie Sie ja wissen - serviere ich Ihnen Ihren Aufschlag, hoffentlich nicht ganz so scharf, zurück. Der DiALOG den wir führen soll ja eher einem anspruchsvollen Sonntagsmatch, statt einem Australian Open Finale gleichen. Eben diese Historie, die Historie als Sportler, ist es wohl, die mich heute hierhin auch führt.

Rückblickend glaube ich fest, dass mir seither drei Dinge immer wichtig sind, die ich im Sport benötigte: (Selbst-)Disziplin, Menschenverstand, Kommunikation. Um Ihre Frage des Charismas zu beantworten, ich versuch’s genau damit. Aufgepasst:
Durch (Selbst-)Disziplin lernt man sein Können und - viel wichtiger - sein Nicht-Können, manche nennen das Stärken und Schwächen, zu verstehen, hinterfragen und zu optimieren. Jeden Tag. Egal ob Sonne oder Regen. Dadurch entwickelt sich ein natürliches Selbstbewusstsein auch die Dinge zu erreichen, die einem schwierig(er) fallen.

Diesen Punkt muss ich Ihnen, lieber Herr Schaar, bei weitem nicht erklären. Als Verfechter des GMV - des “gesunden Menschenverstandes” - sind Sie sicherlich davon überzeugt, dass es hier und da, insbesondere in den Organisationen, zu wenig davon gibt. Manchmal nützt eben das Lehrbuch nichts, wenn man die Umstände nicht berücksichtigt - oder irre ich mich da?

Abschließend bin ich überzeugt davon, dass Kommunikation der Schlüssel zu allem ist. Und ja, da gebe ich Ihnen recht, da hat Ihre Generation wohl einiges anders gehandhabt (oder verkackt?), weil das Rollenverständnis ein komplett anderes war - oder noch immer ist. Ob das besser oder schlechter ist, das vermag ich an der Stelle nicht zu sagen.

So und was hat das nun mit Prozessen zu tun, lieber Herr Schaar? Ich sags Ihnen gleich: Übertragen auf Organisationen bedeutet es nichts anders als: Werde Dir Deiner Stärken & Schwächen bewusst. Und hey, nicht nach dem Motto: “Wir sind die größten, klügsten und besten”. Am Ende des Tages machen uns die Schwächen menschlich und sind wir mal ehrlich - in einer transparenten Welt ist genau das das, was uns eine Positionierung verschafft.

Denn SPOILER: Die meisten Dienstleistungen / Waren sind 1:1 durch die Globalisierung austauschbar und Menschen kaufen, selbst im B2B, nicht von gesichtslosen Unternehmen. Als nächstes: Nutze Deine Rübe (oder eben den Menschenverstand), um deine Stärken zu stärken. Klar, ist es wichtig auch Schwächen zu verbessern - KVP, Sie wissen schon. Ich glaube allerdings, dass viele hier das Pareto-Prinzip falsch verstehen und lieber 80 Prozent Energie in die Prozesse stecken, die das Unternehmen nur 20 Prozent nach vorne bringen - oder täuscht mich mein Gefühl?

Zu guter Letzt, ganz ganz wichtig: KOMMUNIZIEREN! Mit Deinen Kolleg:innen, Mitarbeiter:innen und Kund:innen. Immer. Cross-Medial via Social Media, eMail und zur Not Post.
Wow, das war fordernd, doch das Spiel ist noch nicht aus, richtig Herr Schaar? Tie Break also: Vielleicht fehlt eine vierte und wichtige Eigenschaft, die leider viel zu oft gepredigt und deshalb schon fast aus dem Verstehen gefiltert wird: Sei offen für Veränderung! Meine Generation ist anders als Ihre. Und das ist auch völlig in Ordnung, andernfalls könnten wir nicht so viel voneinander lernen. Doch wer sich vor neuen Medien und Technologien versteckt, der wird sich schneller ins Aus befördern, als ein:e Tennis-Anfänger:in in seinem ersten Training.
Insbesondere der Marketing-und Vertriebsprozess hat sich in den letzten Jahren erheblich verändert. Online Marketing, Social Media, Remote Selling und virtuelle Events ergänzen insbesondere diesen Prozess, obwohl viele noch immer meinen, dass das für die jeweilige Branche irrelevant ist. Aber genau dort sind die Menschen, ihre Kund:innen...

Wir müssen wieder dorthin wo die Menschen sind, die wir erreichen wollen. Wir müssen ihnen zuhören, sie verstehen - ihre Ziele, Ängste, ihre Herausforderungen und Challenges, statt plakativ Prozesse an die Wand zu malen. Am Ende des Tages geht es doch in jedem Prozess darum, wie wir unserem Kunden möglichst effizient bei SEINER Zielerreichung helfen können.

And that’s it…
Lieber Herr Schaar, ich bedanke mich hier ganz herzlich für dieses tolle Match und hoffe auf noch viele weitere. Denn eines haben Sie mich ebenfalls gelehrt: Es hilft nichts, wenn wir um den heißen Brei reden. Straight forward und immer mit GMV.
Und deshalb stelle ich mich auch - voller Überzeugung und dem nötigen Respekt - auch denjenigen auf dem Platz gegenüber, die vermeintlich mehr Erfahrung haben. Am Ende ist Alter doch noch eben nur eine Zahl…

Ihr Nikolai Gogoll